Mittwoch, 27. Juni 2018

Parallelwelten - Jenifer Girke

Rezension zu "Parallelwelten - Welche Rolle spielst du in deinem Leben?" von Jenifer Girke


 
Taschenbuch, 240 Seiten
adeo Verlag (26. Februar 2018)
ISBN: 978-3863341848
Preis: 18,00 €

Worum geht's?

Leistungsdruck, Optimierungswahn. Der Erfolg, dem wir nachlaufen, hat seinen Preis. Lieber spielen wir eine Rolle, tragen Masken, als der Mensch zu werden, der wir wirklich sind.

Diesen Druck spürt auch Jenifer Girke: Der steile Weg auf der Karriereleiter scheint für sie vorgezeichnet zu sein. Aber um die Kontrolle über ihr Leben zu behalten, hungert sie - Diagnose Magersucht. Sie hofft, dass keiner ihre Schwäche aufdeckt, spielt die Rolle der Schönen, Begehrten und Erfolgreichen bis zur Perfektion. Nur wer sie wirklich ist, lässt sie niemanden erahnen ...

Jenifer Girke beschreibt offen ihren Weg aus der Krise. Ein authentischer Bericht voller Hoffnung. Und eine entlarvende Zeitansage, die vielen aus der "Generation Y" aus der Seele spricht. 

(offizieller Klappentext des Verlags)

Videoquelle: adeo auf YouTube: https://www.youtube.com/channel/UCb1fqhlHEKVf7y8lE5Y-83w

Was mich neugierig gemacht hat:


Dieses Buch wollte ich gern lesen, um (mal wieder) einen reflektierenden Blick auf unsere leistungs-, konsum- und perfektionsorientierte Gesellschaft und die Rolle jedes Einzelnen von uns darin zu werfen. Ich nehme in meiner Generation sehr viel von dem wahr, was der Klappentext andeutet, und habe mir einen lebensnahen Ratgeber mit Tipps dazu erhofft, wie man die Rollen, die man tagtäglich spielt, wieder mit sich selbst vereinen und so zu einer Lebensführung finden kann, die wirklich erfüllt.
 

Wie es mir gefallen hat:


Zunächst war ich etwas überrascht, dass die Autorin in vielen Kapiteln sehr tiefe Einblicke in ihre eigene Lebensgeschichte gibt und den Leser bis in ihre Kindheit mit zurücknimmt. Aufgrund des Klappentextes und des Buchtitels hatte ich dem Buch gedanklich eher einen Rat- bzw. Impulsgebercharakter zugeordnet. Jenifer Girke lässt aber auch viele eigene Erfahrungen in ihre Reflektionen einfließen und schreibt von einem gestörten Vater-Tochter-Verhältnis, einem Klinikaufenthalt bis hin zu Selbstmordgedanken - kurz: von den Höhen und Tiefen ihres eigenen Weges. 
Insgesamt hätte ich mir vielleicht noch etwas mehr einen klaren roten Faden gewünscht. Das Persönliche, die Ratschläge und Gedankenanstöße sind irgendwie so ineinander über geflossen. Es fiel mir mitunter schwer, am Ende eines Kapitels den Kern noch einmal für mich zu fassen. 
 
Gut gefallen haben mir besonders die konsequente Offenheit der Autorin, das immer wieder auftauchende Leitbild der Parallelwelten und der Maskenträger und ihr Ansatz, den christlichen Glauben aus ihrer Sicht als sinnstiftend zu zeigen, ihn aber ausdrücklich niemandem aufdrängen zu wollen.
Einige ihrer Thesen, wie z.B. dass nicht alle Menschen ein gewisses "Mehr" in ihrem Leben brauchen bzw. dass jeder selbst beurteilen kann, ob sein Lebenspuzzle bereits komplett und stimmig ist, würde ich jedoch infrage stellen.

Ein Punkt, der mich nicht ganz überzeugt hat, ist das von der Autorin recht häufig aufgegriffene Thema Yoga und Achtsamkeit. Beides mag vielen Menschen tatsächlich helfen, sich wieder auf sich selbst und das Wesentliche im Leben zu besinnen, ich persönlich nehme es gerade aber mehr als einen Trend wahr, den viele auch ohne Tiefe ausleben. Die Bezüge dazu haben durchaus ihre Berechtigung, da beides für die Autorin im Verlauf ihrer Krankheit sehr wichtig geworden ist, hätten aber sparsamer eingeflochten werden dürfen.

In jedem Fall lädt das Buch dazu ein zu hinterfragen, sich eigener Standpunkte bewusst zu werden, einen offenen Blick dafür einzuüben, wo Tendenzen in unserer Gesellschaft der menschlichen Natur schaden, und darüber nachzudenken, welche Rollen es vielleicht an den Nagel zu hängen gilt.

(Für wen) Lohnt es sich?


Jenifers Girkes Buch eignet sich für jeden, der sich mit dem in unserer Zeit so hochgehaltenen Karriere- und Selbstverwirklichungsdenken und/oder dem Krankheitsbild Magersucht auseinandersetzen möchte. Wer gern Autobiographisches liest, wird hier an vielen Stellen fündig werden. Die Autorin berichtet in einem der letzten Kapitel von ihrem Glauben, jedoch in einer Weise, die auch Nichtgläubigen einen Zugang zu ihren Gedanken verschafft.

In einem Satz:


„Parallelwelten" ist ein Zeugnis unserer Zeit und unserer Gesellschaft, in der immer Menschen sich überfordert und verletzt hinter perfekten Masken verstecken, und zeigt Perspektiven auf, zu einem Leben und einem Selbstwert zu finden, in und mit dem man sich wohlfühlen kann und darf.

Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar für die Leserunde an den Verlag!

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