Samstag, 10. April 2021

Mehr Action, weniger Zucchini! – Betsy Uhrig

Hardcover, 320 Seiten 
 Woow Books (18. März 2021)  
ISBN: 9783961770823
Preis: 16,00 € / eBook 12,99 € 
Lesealter: ab 10 Jahre

Worum geht's?

Alex ist nicht gerade eine Leseratte, aber genau deswegen ist er der perfekte Testleser für Tante Carolines erstes Kinderbuchprojekt. Gegen eine kleine Taschengeldaufbesserung nimmt er die Herausforderung an, und, puh … schon nach den ersten Seiten hat Alex mehrmals den Rotstift gezückt. Kurzerhand krempelt er das gesamte Manuskript um, und da er seine Aufgabe sehr ernst nimmt, folgt er dabei der Devise »Schreibe nur über etwas, das du auch kennst«. Das heißt, dass Alex zusammen mit seinen besten Freunden Marta und Javier all seine Verbesserungsvorschläge zunächst selbst ausprobiert: ein Gruselhaus erkunden, von einem Dach klettern, ja sogar fliegen! Und als wäre es nicht schon aufregend genug, plötzlich ein waghalsiger Buch-Stuntman zu sein, tauchen auf den Manuskriptseiten auch noch wie von Geisterhand mysteriöse, aber ziemlich hilfreiche Tipps auf … Ist hier etwa ein wahrhaftiger Ghostwriter am Werk?
(Text des Verlags) 

Was mich neugierig gemacht hat:

Ich bin durch eine Leserunde zufällig auf das Buch aufmerksam geworden und fand die Idee, dass hier ein junger Wenigleser sich als Lektor beweisen muss, absolut genial. Alle Zeichen standen auf klugem Humor und spritziger Unterhaltung mit ein paar Buchmarktbezügen, und damit war Alex' Geschichte definitiv ein Must-Read für mich.

Wie es mir gefallen hat:

Im Grunde erzählt „Mehr Action, weniger Zucchini!" die Entstehungsgeschichte eines Kinder-Fantasybuchs. Das klingt vielleicht erst mal nicht besonders aufregend, ist aber genauso turbulent, wie das schöne deutsche Cover es verspricht (das übrigens sehr liebevoll bis ins Detail auf die Story abgestimmt worden ist). Da Alex alles ausprobieren will, was er an Änderungen für das Buch seiner Tante empfiehlt, kommt es zu einer Menge wahnwitziger Stunt-Aktionen. Und außerdem ist da natürlich noch der oder die geheimnisvolle Unbekannte, die den Kids in der Alten Weintraubvilla Ideen hinterlässt.
 
Ich habe fast ununterbrochen mit einem breiten Grinsen gelesen. Alex haut wirklich einen zum Schreien witzigen Kommentar nach dem anderen raus, und es gibt jede Menge Situationskomik. Alex und seine Freunde Javier und Marta geben ein gutes Trio ab und Alex' Bruder sorgt ebenfalls für den einen oder anderen Lacher.
Auch die Nebencharaktere bringen viel Farbe in die Geschichte, so zum Beispiel die etwas unheimliche Stadtbibliothekarin oder die Senioren im Altenheim, in dem Alex und Javier bei der Recherche landen.
Buchliebhaber kommen natürlich die ganze Zeit über zusätzlich bei den Anspielungen auf Romanklischees und das Lesemuffelthema auf ihre Kosten.

Alex erzählt die Geschichte rückblickend; das bedeutet, man weiß von Anfang an, dass aus dem Buch, bei dem er seinter Tante hilft, später eine Erfolgsreihe werden wird. Wie er die Parallelen aus seinen Erlebnissen mit diesen zum Erzählzeitpunkt bereits erschienenen Büchern verknüpft, ist toll gemacht. Er geht mit seiner kindlichen Logik an die Lektoratsarbeit heran, was einfach herrlich ist.
 
Auf die Auflösung um denGhostwriter" kann man kommen, aber mitzurätseln und richtigzuliegen, macht natürlich auch Spaß. Das Ende ist aus meiner Sicht jedenfalls rundum gelungen.
 
Betsy Uhrig vereint in diesem Buch so viele fantasievolle Ideen, guten Humor und auch kleine tiefgründigere Aspekte mit Intergenerationalität, Familienwahnsinn, Freundschaft und dem Lesen – ich liebe ihren Stil und bin vollkommen begeistert. Ich hoffe, ihr nächstes Buch wird ebenfalls ins Deutsche übersetzt werden!
 

(Für wen) Lohnt es sich?

Es lohnt sich so was von! Die Kernzielgruppe sind zwar Mädchen und Jungs ab ca. 10 Jahren, aber auch erwachsenen (Mit-/Vor-)Leser*innen, die gern schmunzeln, kann ich es nur empfehlen.
Allerdings ist es vermutlich trotz des Themas nicht unbedingt ein Lesemuffel-zum-Lesen-bring-Garant, allein schon, weil es insgesamt doch recht umfangreich ist und der Aufhänger schätzungsweise erst mal vor allem Buchaffine reizt.

In einem Satz:

„Mehr Action, weniger Zucchini!" ist wahnsinnig charmant und witzig erzählt und begeistert mit abenteuerlustigen Figuren und einem tollen Buch im Buch.
 

Donnerstag, 1. April 2021

Searching Lucy – Christina Stein

Broschiert, 288 Seiten
FISCHER Sauerländer (24. März 2021)
ISBN: 9783737357128
Preis: 13,00 € / eBook: 9,99 €

Worum geht's?

Wochen ist es her, dass Ambers Zwillingsschwester Lucy verschwunden ist. Einfach so. In einer Vollmondnacht. An Halloween. Genau einen Monat nach Ambers Vater.
Keine Verdächtigen, keine Lösegeldforderung, nicht eine einzige Spur. Amber weiß, die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden noch leben, sinkt mit jedem Tag. Jeder in ihrem Umfeld könnte der Täter sein. Und sie wird ihn finden – und wenn sie in jeden einzelnen Keller einsteigen muss, um nach ihnen zu suchen.
(Text des Verlags) 

Was mich neugierig gemacht hat:

Mir war die Autorin von einer Lesung auf der Mainzer Büchermesse bekannt und die Idee von „Searching Lucy" hat mich gleich angesprochen. Ich hatte Lust auf einen atmosphärischen Thriller zum Miträtseln und habe schönerweise die Gelegenheit bekommen, bei einer Leserunde zum Buch dabei zu sein.

Wie es mir gefallen hat:

Hier handelt es sich definitiv um eines dieser Sog-Bücher, die einen an die Seiten fesseln und die Zeit vergessen lassen. Das liegt zum einen daran, dass man natürlich der Auflösung um das Verschwinden von Ambers Schwester und Vater entgegenfiebert, zum anderen daran, wie gut das Emotionale transportiert wird. 
 
Amber ist eine vielleicht nicht immer ganz nahbare, aber sehr gut ausgearbeitete Protagonistin mit Ecken und Kanten. Auf der einen Seite wirkt sie verzweifelt-planlos und fischt im Trüben, gleichzeitig bleibt sie immer in Bewegung und folgt jeder noch so kleinen Spur. Für mich war faszinierend, wie man so sehr in ihre Gedankenwelt eintaucht, dass man teilweise Zweifel bekommt, ob sie nur Geister sieht oder vielleicht doch eine eigentlich abwegige Erklärung die Lösung sein könnte.  
Christina Stein lässt sehr plastisch werden, was das Verschwinden geliebter Menschen, vor allem in Kombination mit Ungewissheit, bei ihren Angehörigen auslösen kann. Zudem geht es in mehreren Bezügen um Prägungen und inwieweit sie einen bestimmen, was der Geschichte eine tiefgründige Note verleiht.

Die Ausgangslage ist insofern etwas Besonderes, dass es nicht um einen einfachen, sondern gleich einen doppelten Vermisstenfall geht. Gibt es ein verbindendes Element oder nicht? Man spinnt viele Theorien und sucht nach verräterischen Details. (Ein bisschen schade finde ich nur, dass man letztendlich eigentlich nicht selbst durch gezielte Hinweise auf die Hintergrundgeschichte hätte kommen können und sie sich im Prinzip durch einen Zufallstreffer lüftet.)
Super gefallen hat mir übrigens das deutsche Eltville-Setting!

Die Liebesgeschichte fand ich auf jeden Fall interessant, aber auch ein wenig schwierig. Ich hatte das starke Gefühl, dass Amber und ihr Love Interest vor allem durch eine ähnliche Verzweiflung verbunden sind und einander als Ablenkung von dem Unhaltausbaren benutzen (wenn auch nicht böswillig). Vor diesem Hintergrund habe ich die Entwicklung zwischen ihnen nicht so richtig mitfühlen können und bin skeptisch geblieben, ob da wirklich eine gute Basis gegeben war.
 
Nach dem Spannungshöhepunkt wird einiges nicht mehr auserzählt, worauf ich noch neugierig gewesen wäre, rein vom Aufbau her wäre das aber vielleicht auch einfach zu viel bzw. ein unnötiges „Runterkommen" gewesen.

(Für wen) Lohnt es sich?

Das Buch eignet sich perfekt für Jugendliche und Jugendbuchliebhaber, die es gern undurchschaubar und stimmungsvoll mögen. Der Schwerpunkt liegt mehr auf der Figurenentwicklung und einem gewissen Gruselfaktor als auf Action.

In einem Satz:

„Searching Lucy" ist ein atmosphärisch dichter Spannungsroman, der rau und düster daherkommt und einem dadurch ein schaurig-gutes Leseerlebnis beschert.