Samstag, 30. Oktober 2021

Generation Z – Valentina Vapaux

Zwischen Selbstverwirklichung, Insta-Einsamkeit
und der Hoffnung auf eine bessere Welt

GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH (5. Oktober 2021)
Taschenbuch, ‏ 192Seiten
ISBN: ‎ 9783833878763 
Preis: 14,99 € / E-Book 11,99 € 
 

Worum geht's?

Scrollen ist so einfach, leben viel zu schwer.
 
Von Glitzerpartys erzählen und einen Podcast über Politik machen Valentina Vapaux kann genau das: sich über ganz unterschiedliche Themen fundiert äußern. Sie kennt die Welt der Influencer. Und schreibt klug über den Generationenkonflikt und die Frage nach dem Sinn des Lebens. Zugleich fordert sie mit ihren gesellschaftspolitischen Analysen die Rechte ihrer Generation ein. Berührend sind ihre poetisch-melancholischen Texte über die Liebe und die Abgründe der Gefühle.
 
Ein Buch von verblüffender Vielfalt, mitreißend geschrieben, kenntnisreich und inspirierend.
 
(Text des Verlags)

Wie es mir gefallen hat:

Ein bisschen macht dieses Buch den Eindruck auf mich, als habe der Verlag es aus Pflichtgefühl veröffentlicht. Der U4-Text wirkt lobend-distanziert; unwillkürlich habe ich mich gefragt, ob die Autorin das Projekt auch ohne ihre Reichweite (die mir zunächst gar nicht bewusst war, da ich ihren Namen noch nie gehört hatte) hätte verwirklichen können.
Doch so oder so, in meinen Augen hat sie die Chance im Großen und Ganzen gut genutzt.
 
In fünf thematischen Oberkategorien (Internet, Influencer:innen, Sex und Liebe, Politik und Aktivismus, Freiheit und Sinn) hat Valentina Vapaux Verschiedenes zusammengetragen: Ketten in poetische Worte fasster Momentaufnahmen persönlicher Erfahrungen, Beobachtungen, wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie argumentiert meist nachvollziehbar, und ihre kluge, selbstkritische Art hat mir gefallen. Immer, wenn ich an einer Stelle dachte Ist das ihr Ernst?", hinterfragte sie genau das im nächsten Atemzug.
Dennoch merkt man, dass ihr hier und da eine gewisse Objektivität fehlt und sie die Texte doch als Podium der Selbstdarstellung mitnutzt. Während sie deutlich aufzeigt, wie sehr sie ein Kind ihrer Zeit ist, wird oft außen vor gelassen, dass nicht alle jungen Menschen gleich sind. Selbst, wenn sie einen Großteil mit ihren Beschreibungen treffen sollte, vermittelt sie gewissermaßen das Bild, Drogen wären im Leben eines jeden zentral und z. B. das Thema Glaube offiziell überholt.
Gerade das letzte Kapitel konzentriert sich sehr auf ihre persönliche Prägung und verschenkt das Potenzial, die Sinnsuche der Generation Z genauer unter die Lupe zu nehmen.

Das Buch macht nachdenklich, es bündelt gut beobachtete Fakten mitsamt passender Belege und deckt trotz des geringeren Umfangs eine große Bandbreite an inhaltlichen Aspekten ab. Valentina Vapaux schreibt unterhaltsam, souverän, wortspielerisch und pointiert. Gefehlt hat mir der Blick für den „weiteren Horizont" und in dem Zusammenhang die wirkliche Diversität der Generation Z.
 

In einem Satz:

„Generation Z" ist ein Kaleidoskop aus Einblicken – in verschiedene Lebensbereiche, von Trends bis hin zu den existenziellen Fragen, in die Gedankenwelt der Autorin; es liefert viel Stoff zum Nachdenken, bleibt aber in manchen Punkten zu einseitig.

Samstag, 16. Oktober 2021

Leuchttage 2021 – Anne Weigel, Sophia Frey & Christina Brudereck


Adeo (11. Mai 2021)

Kalender mit Spiralbindung,
48 Seiten 

ISBN: ‎
9783863343026

Preis: 18,00 €

Blick ins Innere

Worum geht's?

Mit viel Liebe und Leidenschaft sammelt Illustratorin Anne Weigel rund ums Jahr Ideen für die Vorweihnachtszeit vom 1. Advent bis zum Dreikönigstag.
Jedes Kalenderblatt bietet eine Überraschung, eine Idee, einen Moment der Stille oder eine lustige Anekdote rund um das Thema Weihnachten in aller Welt. Bräuche aus anderen Ländern werden ebenso geschmackvoll verpackt wie internationale Weihnachtsleckereien oder besinnliche Impulse.
Ein Muss für Freunde einer nicht alltäglichen Vorweihnachtszeit.
 
(Text des Verlags)

Wie es mir gefallen hat:

Da man am Ende am Jahresende ja, zumindest außerhalb der Feier- und Urlaubstage, normalerweise nicht mehr Zeit zur Verfügung hat als sonst auch und ich mit zusätzlicher Adventskalenderlektüre bislang nie so weit gekommen bin, ist dieser Kalender ideal für mich.
Vom 1. Advent bis zum 6. Januar gibt es jeden Tag eine schön gestaltete Seite, ohne viel Drumherum, mit höchstens ein paar Zeilen Text und ohne Rückseite. Perfekt, um einen kurzen Moment lang innezuhalten und sich inspirieren zu lassen. Wer anregende Geschichten oder tiefgründige, ausführlichere Reflexionsimpulse sucht, sollte jedoch vielleicht lieber zu einem Kalender mit anderem Konzept greifen.
 
Der Stil (der ja, auch ohne dass man sich spoilern muss, schon durch das Deckblatt ersichtlich wird) ist natürlich Geschmackssache, mir persönlich gefällt er sehr gut. Er ist modern und stimmungsvoll. Im Innenteil wechselt er sich mit Fotomotiven ab.
Inhaltlich findet man hier eine bunte Mischung von Gedichten, Sinnsprüchen, Fragen, Fakten, was zum Ausmalen, kleinen Bastelideen, Rezepten und auch mal einem ganzseitigen Foto mit einzelnem Schlagwort. Man merkt, dass die Urheberinnen (die am Ende auch kurz mit Bild vorgestellt werden) sich bemüht haben, alles aufeinander abzustimmen sowie möglichst vielseitig und für jeden interessant zu gestalten. Auch wenn man sicher nicht jedes Rezept oder jede kleine Aktion umsetzen wird, ist es eine tolle Zusammenstellung. Ein bisschen schade ist höchstens, dass er teils wiederverwendbar wäre, einige Seiten aber nach der Bearbeitung eben doch nicht mehr fürs nächste Jahr taugen (aber dafür gibt es ihn ja auch bereits seit 2018 jährlich, wie ich gesehen habe).
 

In einem Satz:

„Leuchttage" ist ein liebevoll gestalteter Begleiter durch die Vorweihnachts- und Weihnachtszeit sowie den Jahreswechsel und schenkt jeden Tag eine kleine Portion Inspiration und Besinnlichkeit.

Donnerstag, 7. Oktober 2021

Das Tagebuch der Jenna Blue – Julia Adrian


Drachenmond Verlag GmbH (18. August 2021)

Taschenbuch, ‎ 280 Seiten
ISBN: ‎ 9783959913058 
Preis: 14,99 € / E-Book: 5,99 €

Worum geht's?

Ich denke darüber nach, meine Schwester zu töten. Ein gespanntes Nylonseil an der Treppe. Eine gelockerte Schindel. Es gibt so viele Arten, den Halt zu verlieren und gleichsam das Leben.

Jenna und Scarlett sind Schwestern – und Feinde bis aufs Blut. Zwischen ihnen entbrennt ein Kampf um Macht und die Wahrheit. Was geschah wirklich, damals vor zehn Jahren, als ihre Mutter am helllichten Tag und ohne eine Spur verschwand? Jenna kämpft gegen das Vergessen und das Schweigen in ihrem eigenen Haus. Doch wenn sie sich selbst schon nicht trauen kann, wem dann?
 
(Original-Klappentext)

Wie es mir gefallen hat:

Schon seit dem Lesen der „Dreizehnten Fee" wusste ich, dass Julia Adrian eine besondere Erzählerin ist und besondere Erzählstimmen erschafft. Und genau das sehe ich auch bei ihrem neusten Werk wieder bestätigt. Genauso einzigartig wie die detailverliebte, stimmungsvolle Innengestaltung ist auch die Geschichte, die bekannte Stoffe und Motive in ein viel weniger vertrautes Gewand hüllt. Die Tagebucheinträge und ebenfalls aus der Ich-Perspektive erzählten Kapitel ergeben ein schönes Zusammenspiel und man kann ausgiebig über die Verbindungen dazwischen rätseln.
 
„Das Tagebuch der Jenna Blue" konnte ich trotz und vielleicht auch mit wegen der konfliktgeladenen Handlung nicht so schnell weglesen, weil die Sprache, die Atmosphäre und die Plotentwicklungen so dicht sind und wie statisch aufgeladen. Die ganze Zeit habe ich zwischen den Zeilen alle möglichen mitschwingenden Nuancen gespürt und einzuordnen versucht. Der Sprachstil scheint seine ganz eigene Melodie zu haben und wird oft spielerisch. Es fällt mir schwer, das Besondere daran zu benennen, aber die Sprache fühlt sich irgendwie an wie das Aufziehen von Sommergewitterwolken.
 
Die Genre-Zuordnung als Jugendthriller finde ich ein wenig irreführend. Ich habe das Buch eher als düster-geheimnisvolles Drama empfunden, als Spannungsmärchen, aber nicht als atemlos machenden Pageturner, sondern vielmehr eine Geschichte, die ihren Sog eher untergründig, in dunkler Tiefe entfaltet. 
 
Dieser Roman ist alles andere als eine Feelgood-Lektüre, das Ende hinterlässt garantiert kein Glücksgefühl im Bauch, aber gerade das ist erfrischend. Man bekommt es mit einer äußerst raffinierten Twist zu tun, über den ich immer noch nicht ganz hinweg bin. Hut ab dafür! 
 

In einem Satz:

„Das Tagebuch der Jenna Blue" beschert ein intensives, am Schluss sehr ins Grübeln bringendes Leseerlebnis, ist düster, atmosphärisch und auf bedrohlich-ruhige Weise packend.