Sonntag, 15. Januar 2023

Kein Ort dieser Welt – Marie Döling

 Marie Döling, Nova MD (21. November 2022)
Taschenbuch, ‎ 344 Seiten
ISBN: ‎ 9783985955220
Preis: 13,90 € / eBook 3,99 € 
ab 14 Jahren 
Triggerwarnung beachten!

Worum geht's?

»Manchmal glaube ich, dass jeder Mensch, dem ich begegne, ein Wort in mir hinterlässt.«

Seit vier Jahren sieht Fiona zu. Dabei, wie ihr Vater ihre Familie verließ. Wie sich ihr bester Freund von ihr lossagte. Und dabei, wie sie selbst zerbricht. Das Einzige, das sie daran hindert, in dieser Traurigkeit unterzugehen, sind die Gedichte, die sie heimlich in ihr Notizbuch schreibt. Worte, die ihr Trost spenden, während sie zu Hause kaum mehr als eine Fremde ist und in der Schule Opfer dreier Mitschülerinnen, die ihren Alltag zur Hölle machen.
Als sie jedoch Zeugin wird, wie eines dieser Mädchen auf einer Party sexuell belästigt wird, realisiert sie, dass kein Ort dieser Welt frei von Schatten ist. Und dass es Menschen gibt, die keine Worte, sondern Tragödien hinterlassen.
 
(Klappentext)

Wie es mir gefallen hat:

Mit diesem Roman lässt man sich auf ein besonderes Leseerlebnis ein. Er ist erschütternd, emotional, nachdenklich stimmend und intensiv.
Wir begleiten Ich-Erzählerin Fiona auf einem sehr steinigen Weg, sehen sie wachsen, aber auch immer weiter leiden. Das Buch nimmt sich bedrückender Themen an (insbesondere Mobbing und sexualisierter Gewalt), hat mich aber auch mit Szenen voller Leichtigkeit überrascht, die ich zu Beginn gar nicht zu erwarten gewagt hätte.
Marie Döling hat definitiv ein großes Talent, die Entwicklung von Gefühlen und die Dynamiken im Zwischenmenschlichen zu beschreiben. Auch ihre Dichtkunst findet Eingang in die Geschichte, indem Fiona ihre Gedankenwelt durch das Schaffen von Poesie ordnet und zum Ausdruck bringt – ein schönes Detail, das dem Buch zusätzliche Tiefe gibt.

Besonders gefallen haben mir die Unvorhersehbarkeit der Geschichte (ich hatte immer nur vage Ahnungen), ihre Intention, die im Nachwort noch einmal unmissverständlich ausformuliert wird, und wie deutlich wird, welcher immensen Zerbrechlichkeit unser Leben, unsere Beziehungen, unser Glück ausgesetzt sind und wie kostbar alles Gute gerade dadurch ist.

Die Charaktere sind gut ausgestaltet und lassen sich erst nach und nach (und manche bis zum Schluss nur teilweise) ergründen. Meine Lieblinge waren Dean und Ana, die beide für Fi eine sehr große Rolle spielen, die sich im Verlauf der Kapitel stark verändert.
Die Gesamtkonstellation ist ebenfalls gelungen angelegt: Jeder Charakter bringt etwas ein und bestimmt das Geschehen mit, von Fis Kindheitsfreund Travis über ihren Bruder Phillip bis hin zu Cole, dessen Image ganz anders aussieht als sein Inneres.

In einem Satz:

 
„Kein Ort dieser Welt" ist ein außergewöhnliches Buch: Kantig, kratzig und ungeschönt erzählt es von dem, was Menschen anderen anzutun vermögen, aber auch auf kraftvolle, tiefgehende Weise von unverhoffter Freundschaft, von Zusammenhalt und tiefen Glücksmomenten, wo vorher alles aussichtslos schien.

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