Montag, 5. Januar 2015

Vor uns die Nacht - Bettina Belitz

  Rezension zu "Vor uns die Nacht" von Bettina Belitz

Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
Verlag: script5 (10. März 2014)
ISBN: 978-3839001592

Worum geht's?


Ronias Leben ist von außen betrachtet eigentlich gar nicht so übel: Sie ist leidenschaftliche Archäologie-Studentin und hat Freunde, auf die sie sich immer verlassen kann.
Nur im Familien- und Liebesleben wollen die Dinge sich einfach nicht zum Guten wenden. Das Verhältnis zu ihren Eltern kann sehr kompliziert werden, wenn es um ihre Freiheit geht, und Ronias Beziehungen sind bisher immer nach kurzer Zeit in die Brüche gegangen.
Als sie auf den unkonventionellen Jan trifft, weiß sie, dass es nicht mehr laufen soll, wie sie es gewohnt ist. Diesmal wird sie keine Verpflichtungen eingehen und besser auf ihr Herz aufpassen. Dürfte doch eigentlich nicht so schwer sein...

Was mich neugierig gemacht hat:


Nachdem ich vor etwa einem Jahr durch "Linna singt" auf den Geschmack gekommen war, wollte ich gern auch etwas Anderes von der Autorin lesen. Ihre Splitterherz-Trilogie steht zwar auch schon seit Ewigkeiten auf der Wunschliste, doch bei "Vor uns die Nacht" gab es einen unumstößlichen Vorteil: ein Einzelband. Auch das Cover in schönem Nachtblau mit den verspielten Verzierungen lockte mich an. 
 

Wie es mir gefallen hat:


Bei "Vor uns die Nacht" fällt es mir recht schwer zu sagen, inwiefern mir dieses Buch gefallen oder nicht gefallen hat. Mich verbindet damit eine Art Hassliebe.

Hass, weil mich Ronia schier in den Wahnsinn getrieben hat. Es ist immer hart, die Hauptfigur eines Buches auf einer Abwärtsspirale in die Tiefe zu begleiten, aber wenn man den Auslöser dafür nicht nachvollziehen kann und das Verhalten des Charakters einen auf eine Geduldsprobe nach der anderen stellt, macht es das noch schlimmer.
Vor allem, wie Ronia sich immer mehr vor den Menschen, denen sie etwas bedeutet, verschließt, hat mir echt zugesetzt.

Liebe, weil Bettina Belitz die Worte auf eine Art und Weise tanzen lässt, die einen in einen Erlebensstrudel hineinziehen. Man ist mitten im Geschehen und spürt alle Facetten der dargestellten Atmosphäre, was zu einem fast rauschhaften Lesen führt.

"Vor uns die Nacht" war für mich wie ein Sog. Ich musste immer wieder zum Buch greifen, immer weiterlesen und hätte es ein ums andere Mal gern gegen die Wand geschmettert.
Es ist unheimlich gut geschrieben und sehr durchdacht. Durch viele winzige Details ergibt sich das große Ganze, sowohl was Figuren als auch Schauplätze und Handlungsstränge angeht.
Gleichzeitig habe ich aber mit einigen Gegebenheiten und vor allem Ronia als Hauptperson zu kämpfen gehabt. Da man durch die 1. Person Präsens sehr tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt bekommt, wurde das für mich manchmal wirklich zum Problem.

(Für wen) Lohnt es sich?


Ich fand es schön, dass es im Gegensatz zu vielen aktuellen Büchern mit 16- und 17-jährigen Protagonisten hier zur Abwechslung mal eine 21-jährige Studentin gab.
Die vom Verlag vorgeschlagene Altersempfehlung ab 16 finde ich passend angesetzt und ich denke die Grenze nach oben ist recht flexibel.

Das Buch lohnt sich allein vom Schreibstil her schon, hat mich persönlich aber mit gemischten Gefühlen zurückgelassen.
Wer sich nicht so recht mit dem Gefühl identifizieren kann, um jeden Preis die Grenzen austesten und sich selbst finden zu wollen, indem man allem Vertrauten den Rücken kehrt, wird sich mit Ronia wohl eher nicht anfreunden können.
 

In einem Satz:

 

"Vor uns die Nacht" ist ein wunderbar geschriebenes Buch mit Sogwirkung und einer sehr herausfordernden Protagonistin, das ich mit geteilter Meinung in Erinnerung behalten werde.

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