Freitag, 25. September 2015

Solange wir lügen - E. Lockhart

Rezension zu "Solange wir lügen"
 von E. Lockhart


Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Ravensburger Buchverlag (26. August 2015)
ISBN-13: 978-3473401307
Originaltitel: We Were Liars
Band 1 von 1

Worum geht's?


Herzlich willkommen bei den wunderschönen Sinclairs.
Niemand von uns ist ein Verbrecher.
Niemand ein Abhängiger.
Niemand ein Versager.

(S. 11)

Seit ihrer Kindheit hat Cady ihre Sommer auf der Privatinsel ihrer angesehenen und reichen Familie verbracht, gemeinsam mit ihren Cousins und Cousinen, den Tanten und ihrem Großvater.
Diese Sommer waren wie losgelöst von ihrem restlichen Leben und sind mit vielen Erinnerungen verbunden. Doch an einen Sommer erinnert sie sich nicht: Der Sommer, in dem sie fünfzehn war und ein schrecklicher Unfall passierte, über den alle schweigen - selbst Gat, Mirren und Johnny, die ihr von all ihren Verwandten immer am Nächsten gestanden haben...

Was mich neugierig gemacht hat:


"Solange wir lügen" habe ich nach dem ersten Eindruck als spannendes Familiendrama einsortiert und gedanklich auf die Merkliste gesetzt. Kurz darauf gab es dann auf Lovelybooks die Möglichkeit, sich für eine Leserunde zu bewerben, und ich habe spontan mein Glück versucht. So kam es dann, dass ich meinem unendlichen SuB mal wieder eine Neuerscheinung vorgezogen habe :D

Wie es mir gefallen hat:


Das erste lobende Wort muss ich zum Cover verlieren: Online hat mich das gar nicht so sehr gereizt. Die beiden Jugendlichen darauf haben mich nicht unbedingt angesprochen.
Wenn man das Buch aber vor sich hat, ist es ein richtiges kleines Kunstwerk. Wie ihr oben auf dem Foto erkennen könnt, ist der Umschlag nämlich milchig durchscheinend - wie Nebel - und das Haus ist direkt auf das Buch gedruckt.
Das hat A einen tollen Effekt und ist B auch auf der inhaltlichen Ebene für die Geschichte total passend. Gefällt mir richtig gut!

Der Schreibstil ist auf der einen Seite gewöhnungsbedürftig und schwierig, auf der anderen faszinierend und zieht einen immer weiter in das Buch hinein. Man hat das Gefühl, dass er trotz seiner eigentlichen Einfachheit ein paar Ebenen tiefer geht. Sehr viel, was Cady beschreibt, lässt sich auf anderes übertragen. So gibt es z.B. als Einschübe einige Märchenadaptionen, die die Protagonistin selbst verfasst hat.
Diese "zweite Ebene" des Erzählens ist manchmal recht knifflig - ich hatte oft das Gefühl, dass mir etwas aus Cadys Worten entgeht. Trotzdem gefällt mir diese Art.

Die Sinclairs sind ziemlich gut charaterisiert - kühl, überlegen, stolz, auch auf ihren Status, aber eben trotzdem keine Familie ohne Leichen im Keller.
Es gibt hier nicht die Guten und die Bösen, sondern nur ganz normale Menschen mit ihren Eigenarten und Fehlern.
Die Beziehungen zwischen den Personen sind ebenfalls sehr gut ausgearbeitet. Nur das Verhältnis zwischen Cady und ihren besten Freunden auf der Insel wirkte gegen alle Behauptungen sehr distanziert. Das hat sich aber später gegeben.

Durch Cadys Gedächtnisverlust und ihr daraus folgendes Verhalten ist eine Identifikation mit ihr eher schwierig. Man hat eher das Gefühl, sie zu beobachten und zu begleiten, als die Geschichte durch ihre Augen zu erleben.

Im Verlauf der Geschichte ergeben sich Fragen über Fragen und manches Mal meint man auf Ungereimtheiten zu stoßen.
Am Ende setzen sich dann aber alle Bruchstücke zusammen.
Das Einzige, was ich mir hier noch gewünscht hätte, wäre ein kleiner Zukunftsausblick: Wie geht es nach dem Buch für Cady und ihre Familie weiter? Das der Fantasie der Leser zu überlassen, finde ich in diesem Fall nicht die perfekte Lösung.

Ich habe zwischen vier und fünf Sternen geschwankt, mich nun aber doch für die 2+ entschieden, weil manche Stellen einen Tick zu mysteriös geblieben sind und am Schluss ein kleiner Ausblick gefehlt hat.

(Für wen) Lohnt es sich?


"Solange wir lügen" ist ein außergewöhnliches und beeindruckendes Jugendbuch ab 14 und auch für junge Erwachsene, denen es Spaß macht, beim Lesen über lange Abschnitte im Dunkeln gelassen zu werden, bevor die Auflösung dann umso gewaltiger einschlägt.
 

In einem Satz:

"Solange wir lügen" ist unerwartet, schonungslos und erschütternd - man tappt fast das ganze Buch über im Dunkeln und wird dann vom Ende blitzartig getroffen: grandios konzipiert!

1 Kommentar:

Petra hat gesagt…

Huhu!

Ich glaube, ich habe das Buch unlängst bei uns in der Buchhandlung auf einem der Messedisplays dort stehen sehen ... Weil ich mir noch dachte, das ist aber ein komisches Cover :D. Mich hat es nämlich ein wenig an Pauspapier erinnert, dieses Halbdurchsichtige ^^. Das englische sieht übrigens wieder einmal total anders aus, da sieht man, wie unterschiedlich die Leserschaft tickt.

Liebe Grüße
Petra