Rezension zu "Fliegende Zeilen
- ein poetisches Spiel um Sinn und Unsinn"
erschienen 2014 im moses. Verlag
Preis: 24,95€
Artikelnummer: 090217
3-6 Spieler
ab 12 Jahren
Autoren: Max J. Kobbert, Alexander Herbst
Gestaltung: Nicole Köhring
Gestaltung: Nicole Köhring
Heute möchte ich euch etwas ganz Besonderes vorstellen - ausnahmsweise kein Buch, sondern ein Spiel. Allerdings eines, das im engeren Sinne doch einiges mit Büchern und Texten zu tun hat. Neugierig? Weiterlesen!
Worum geht's?
"Fliegende Zeilen - ein poetisches Spiel um Sinn und Unsinn" richtet sich laut Verpackung mit einem Schmunzeln an Versschmiede, Anekdotensammler, Sprachakrobaten, Maulhelden, Musenküsser, Stifterassler, Süßholzraspler und Freestyler - kurz: an alle, die sich gern kreativ mit Worten und Texten beschäftigen.
Kern des Spiels ist es, aus Versen berühmter Lyriker völlig Neues zu entwerfen und sich von ihnen zu überraschenden und unterhaltsamen Kreationen inspirieren zu lassen, das Ganze dann auf Zeit und mit Hilfe gewisser Vorgaben. Dazu später mehr...
Nach einem Testlauf, der auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht hat, möchte ich euch anhand einiger Unterpunkte zeigen, was das Tolle an diesem Spiel ist und wo es andererseits vielleicht noch ausbaufähig wäre:
Legende: grün = top, rot = verbesserungswürdig
Legende: grün = top, rot = verbesserungswürdig
zur Gestaltung:
- Das Spiel ist kompakt, aber vollständig. Enthalten sind eine Spielanleitung, ein Würfel, eine Sanduhr, ein Versverzeichnis, sechs Schreibblöcke, je fünf Bewertungskarten in sechs verschiedenen Farben und fünf Aufgabenkarten inkl. einer Expertenkarte
- Schon von außen macht die hübsche, mit glanzveredelten fliegenden Zeilen bedruckte Spielbox viel her. Alle wichtigen Infos kann man schon vor dem Auspacken des Spiels entnehmen.
- Im Gegensatz zu vielen Spielen ist die Anleitung sehr übersichtlich und leicht verständlich gehalten.
- Auch das Versverzeichnis ist so gestaltet, dass sich jeder Vers schnell finden lässt. Wenn man möchte, kann man hinten im Quellenverzeichnis noch mehr über die einzelnen fliegenden Zeilen erfahren.
- Das Einzige, was man an der Gestaltung ein bisschen kritisieren könnte, sind die Schreibblöckchen. Diese sind definitiv viel zu klein und während man am rechten Rand die jeweilige Runde und Punktezahl vermerken soll, ist man mit dem Schreiben vermutlich schon fünf Runden weiter.
Dass man sich unten zur Erinnerung die eigene Spielerfarbe ankreuzen kann, ist eine süße Idee und soll vermutlich die Spielfiguren ersetzen, wäre aber nicht unbedingt nötig gewesen.
Sinnvoller fände ich A4-Blöcke oder aber kleine, auf denen man dann nur Runde und Punkte notiert und ansonsten nimmt man sich einfach stinknormales Papier zum Spielen.
zu den Aufgabenstellungen:
- Die Aufgabenstellungen sind originell, vielfältig und machen Spaß, sind aber unterschiedlich gut geeignet für das Spiel.
Es gibt sehr freie Aufgaben, wie aus dem Vers ein Liebesgedicht oder einen Krimi zu machen, und auf der Expertenkarte etwas kniffligere Aufträge, sodass man entscheiden kann, ob man sie ebenfalls mit ins Spiel nimmt.
Die beiden Aufgaben, die Zeile in eine Frage umzuformen oder zu ihr eine bekannte Person zu finden, auf die sie passt, haben sich mir bis jetzt noch nicht so ganz erschlossen, aber alle anderen haben Potenzial für tolle Einfälle! - Was vielleicht ganz nützlich wäre, wäre ein Beispiel zu der ein oder anderen Aufgabe, sodass sich alle Mitspieler gerade am Anfang zumindest grob vorstellen können, worum es dabei geht.
zum Bewertungsverfahren:
- Ich muss zugeben, dass wir sehr schnell beschlossen haben, ohne Bewertungen zu spielen. Auch wenn man natürlich zunächst verdeckt seine Punkte vergibt (es wird danach sortiert, welches Ergebnis der anderen einem am besten, zweitbesten usw. gefallen hat), sieht am Ende jeder, wer von wem wie viele Punkte bekommen hat.
Ob das für alle in Ordnung geht oder dafür sorgt, dass der Spaß am Spiel eingeschränkt wird, liegt ganz an der Zusammensetzung der Runde - ob jemand das schnell persönlich nimmt, ob jemand schon mehr Spielerfahrung hat, etc. - Die Bewertungen sind natürlich immer sehr subjektiv und auch wenn das für alle gilt und somit irgendwo wieder fair ist, ist es schade, nach dem vielen Lachen und Staunen über die entstandenen Texte ans "Benoten" gehen zu müssen. Es ist nicht so schön, wenn das Gefühl aufkommt, eine Leistung bringen zu müssen.
- Vielleicht kennt ihr das Spiel Dixit? Dabei kann man zwar auch gewinnen, wird aber nicht individuell nach der "Fantasie-Leistung" bewertet. Vielleicht könnte man sich hierbei eine ähnliche Lösung überlegen.
Sonstiges zum Spielablauf:
- Ich verstehe, warum das Spiel auf Zeit gespielt wird. Innerhalb von 90 Sekunden pro Runde soll man so kreativ wie möglich sein. Das verhindert Längen, in denen einige Spieler noch vor sich hinbrüten, während andere warten müssen und kontrolliert so den ganzen Spielverlauf. Andererseits setzt es aber auch unter Druck und bremst so durchdachtere Beiträge aus. Außerdem kann die laufende Zeit schlimmstenfalls zu Schreibblockaden führen.
Wenn man sich nur eine Schlagzeile ausdenken soll, mag die Zeit reichen, aber für einen kurzen Krimi eher nicht.
Vorschlag: auf die Aufgaben abgestimmt unterschiedliche Zeiten festlegen, die Uhr entsprechend vielleicht bei der ein oder anderen zweimal durchlaufen lassen oder für den Anfang ganz darauf verzichten. - Ich bin mir nicht sicher, was ich von der Altersempfehlung ab 12 Jahren halte. Einerseits wäre es sicher spannend, mal die Ergebnisse eines Kindes zu hören, das das Ganze mit Sicherheit mal ganz anders anfasst, andererseits denke ich, dass einige Aufgaben dafür einfach zu schwierig sind und auch schon eine gewisse Sicherheit im Umgang mit (lyrischer) Sprache erforderlich ist.
Fazit:
"Fliegende Zeilen" konnte als Spiel bei mir punkten. Es ist liebevoll gestaltet und besitzt eine tolle Ausgangsidee, aus der sich viel machen lässt. Langweilig wird es definitiv nicht!
In der Umsetzung gibt es noch den ein oder anderen kleinen Stoßstein - man kann aber ja die Regeln wie man möchte ein bisschen auf die individuelle Spielerrunde zuschneidern.
Ein Spiel, das einiges an Konzentration und Kreativität erfordert, gewisse Ansprüche in Bezug auf den Umgang mit Sprache stellt und am besten funktioniert, wenn alle Spieler auf derselben Wellenlänge sind.
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